Eine motorisch betriebene Wippe lässt das Motoröl in der schaukelnden Ölwanne hin- und herschwappen. (Bild: DaimlerChrysler) Wartungen und Ölwechsel gehören zu den lästigen Pflichten beim Autofahren. Bei Nutzfahrzeugen sind sie zudem ein erheblicher Kostenfaktor. Das war für Ingenieure bei DaimlerChrysler Grund genug, nach technischen Möglichkeiten zu suchen, die Wartungsintervalle deutlich zu vergrößern.
Zu den zwar nützlichen aber eher unerfreulichen Anzeigen heutiger Kombiinstrumente gehören die „Wartungsintervallanzeige“ (WIA) im Pkw sowie als Pendant dazu das „Flexible Service System“ (FSS) bei den schweren Nutzfahrzeugen von Mercedes-Benz. Diese Anzeigen signalisieren, wann ein Fahrzeug für den nächsten Wartungs-Check und vor allem für einen Ölwechsel fällig ist.
Die mit jedem Kilometer abnehmende Ölqualität bestimmt nämlich den technisch vertretbaren Abstand zwischen zwei Services. Verliert das Motoröl seine Schmierfähigkeit, drohen kritische Betriebszustände, die letztlich sogar Motorschäden verursachen können.
Robuste Technik sowie Fortschritte hinsichtlich der verwendeten Werkstoffe und Fertigungsmethoden haben bereits in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass die Serviceintervalle auseinanderrückten. Intelligente Software hilft zudem, die stark von den Betriebsbedingungen abhängige Beanspruchung der Verschleißteile und vor allem des Motoröls je nach Nutzung mit ins Kalkül zu ziehen.
Dazu wertet die Software verschiedene Parameter aus – etwa die Temperatur des Motoröls und die Anzahl der Startvorgänge. Mithilfe eines mathematischen Modells berechnet so das System, ob sich die Laufleistung zwischen zwei Wartungsintervallen einfach am Kilometerstand orientieren kann, ob bei schonender Nutzung ein Kilometer-Bonus diesen Durchschnittswert nach oben korrigieren darf, oder ob besonders harte Einsatz- und Umgebungsbedingungen sogar einen früheren Ölwechsel bei diesem Fahrzeug ratsam erscheinen lassen.
„Doch mit auf Modellen basierenden Wartungssystemen allein ist es schwierig, die Serviceintervalle sicher zu verlängern“, gibt Rainer Mäckel zu bedenken. Sein Team aus dem Labor Zuverlässigkeit und Diagnose der Vorentwicklung von DaimlerChrysler arbeitet daran, die Ölqualität im Fahrzeug direkt überwachen zu können, um so den maximalen Abstand zwischen zwei Ölwechseln vergrößern zu können.
Die Ingenieure konzentrieren sich dabei auf Nutzfahrzeuge wie Vans aber auch auf Schwerlaster wie den Actros. Der Grund: Je nach Motorisierung und Nutzungszweck sorgen hier bis zu 40 Liter Öl in den Dieselmotoren für ausreichende Schmierung. Allein die Materialkosten für einen Ölwechsel schlagen also erheblich zu Buche – ganz zu schweigen davon, dass bereits die Standzeit für einen Service den Betreiber des Nutzfahrzeugs Geld kostet.
> Sensor für drei Kenngrößen
Ausgangspunkt der Arbeiten ist dabei der so genannte QLT-Sensor. Integriert in den Ölkreislauf soll dieser Sensor drei Kenngrößen des Motoröls bestimmen: Diese lauten Qualität, Füllstand (Level) und Temperatur.
Die beiden letzten Parameter hat der Ölsensor sehr genau im Blick. Bei der Qualität bestimmt er indes nur eine einzige, summarische Größe: die so genannte Permitivität. Sie ist ein Maß für den Stromfluss und das Spannungsverhalten des Motoröls, das sich als Medium zwischen dem metallenen Innen- und Außenrohr des ölgefüllten Sensors befindet. Die Permitivität lässt sich messen, sobald eine Wechselspannung zwischen beiden Rohren anliegt.
Ist nun das Öl als Folge des Verschleißes durch Wasser oder Rußpartikel verunreinigt, wird es polarer, seine Permitivität steigt. Der Anstieg der Permitivität ist also ein Indiz für zunehmenden Verschleiß. Verunreinigungen durch Dieselkraftstoff, die ebenfalls die Ölqualität verschlechtern, lassen sich jedoch über die Messung der Permitivität nicht ausreichend zuverlässig erfassen.
> Viskosität als zweites Qualitätsmerkmal erfassen
„Unser Ansatz besteht deshalb darin, als zweites Qualitätsmerkmal die Viskosität des Motoröls zu bestimmen“, erläutert Michael Pulvermüller, der das Projekt Betriebsstoffüberwachung inhaltlich leitet. Im Labor verwendet man dazu ein so genanntes Auslaufviskosimeter – im Prinzip ein Ölbehälter mit einer kleinen Öffnung im Boden, durch die das Öl je nach Viskosität unterschiedlich schnell abfließt. Die Zeit, die es dafür benötigt, ist dabei ein direktes Maß für die Schmierfähigkeit.
Dieses Prinzip haben die Ingenieure nun im Fahrzeug erprobt. Die Idee dabei ist einfach: Während der Fahrt schwappt das Öl in der Ölwanne hin und her. Je dickflüssiger es ist, desto langsamer verläuft diese Flüssigkeitsbewegung. Die Ingenieure verfolgen nun das Schwappen des Motoröls mit Hilfe des Ölsensors und schließen hieraus auf die Viskosität. „Wir brauchen also neben dem Ölsensor keine zusätzlichen Hardware-Komponenten, sondern nutzen lediglich die ohnehin im Fahrzeug vorhandene Information intelligenter, um die Viskosität zu bestimmen“, freut sich Michael Pulvermüller. Inzwischen konnten die Ingenieure zeigen, dass man mithilfe des Seriensensors an Bord von Sprinter-Fahrzeugen die Veränderung der Viskosität gut erfassen kann. Das zeigte der Vergleich der im Fahrzeug bestimmten Viskositätswerte im Sensor mit den im Labor gemessenen Werten des gebrauchten Motoröls.
„Wir haben die technische Machbarkeit der Onboard-Ölqualitätsüberwachung gezeigt. Nun werden wir zusammen mit unseren Partnern aus der Vorentwicklung Truck und der Serienentwicklung im Bereich Nutzfahrzeuge in den nächsten Monaten alles daran setzen, dieses Projekt für den Serieneinsatz im Actros reif zu machen“, resümiert Alexander Bodensohn, verantwortlicher Abteilungsleiter im Labor Zuverlässgkeit und Diagnose. Damit, so schätzen es die Ingenieure ein, wäre es möglich, die Ölwechselintervalle um etwa 25 Prozent zu verlängern.