Bild: Volkswagen AG Im Detail hat die Volkswagen Forschung insbesondere Membran und Elektroden der Brennstoffzelle neu entwickelt. Membran, Elektroden, Zellen – dahinter verbirgt sich der ausgesprochen komplizierte Prozess, um aus chemischer Energie elektrische Energie zu gewinnen und damit den Elektromotor des zukünftigen Brennstoffzellen-Autos anzutreiben. Klammert man diesen komplizierten Prozess aus und betrachtet ausschließlich die neu entwickelten Teile „Membran" und „Elektroden", bietet das Volkswagen System im Vergleich zur Niedrigtemperatur-Brennstoffzelle folgende Vorteile:
Die Niedrigtemperatur-Brennstoffzelle wird bei einer Membran-Temperatur von rund 80 Grad Celsius betrieben. Steigt die Temperatur deutlich über diesen Wert, bricht die Brennstoffzellenleistung ein und die Zelle nimmt irreparablen Schaden. Deshalb besitzen Fahrzeug-Prototypen mit NT-Brennstoffzellen ein extrem aufwendiges und teures Kühlsystem. Allein die Kühlerfläche ist etwa dreimal so groß wie bei Dieselmotoren (!). Zudem müssen in einem NT-System die zugeführten Gase Wasserstoff und Luft permanent befeuchtet werden, da ansonsten ebenfalls die Energieproduktion einbricht und die Brennstoffzelle dauerhaft beschädigt wird. Auch diese Befeuchtung der in der Membran eingelagerten Wassermolekühle bringt unerwünschtes Zusatzgewicht und verschlingt Raum plus Geld. Die von Volkswagen entwickelte Hochtemperatur-Membran kann dagegen in Verbindung mit neu konzipierten Elektroden – ohne Leistungsverlust – bei Temperaturen von 120 Grad dauerhaft „gefahren" werden. Und zwar ohne Befeuchtung. Novum und Hintergrund: Bei der HT-BZ findet die Protonenleitung über Phosphorsäure statt. Diese Säure hat ähnlich gute elektrolytische Eigenschaften wie Wasser, weist allerdings einen höheren Siedepunkt auf. Deshalb reicht der HT-BZ ein deutlich einfacheres Kühlsystem und Wassermanagement aus. Und das reduziert das Gewicht und die Kosten signifikant. Darüber hinaus verringert sich der Raumbedarf des Brennstoffzellen-Systems um mehr als 30 Prozent.
Allerdings gab es auch hier ein bislang nicht gelöstes Problem: Es entstand, wie bei der Niedrigtemperatur-Membran, sogenanntes Produktwasser. Das Wasser drang in die Membran ein und wusch die Phosphorsäure aus. Es kam wiederum zur Unterbrechung des Stromflusses. An dieser Stelle scheiterten bislang alle Versuche, eine Hochtemperatur-Brennstoffzelle auf Basis bekannter Materialien für Fahrzeuge nutzbar zu machen. Die intensive Volkswagen Grundlagenforschung kam deshalb zu dem Ergebnis, dass neben einer neuen Membran spezielle Modifikationen der Elektroden nötig sind, die das Eindringen des Produktwassers in die Membranen verhindern können.
Die Lösung: Auf einer speziellen Siebdruckmaschine, wie sie im Bereich der Halbleitertechnik verwendet wird, beschichteten die Forscher im Volkswagen Technologiezentrum Isenbüttel mehrere Vlies-Elemente aus Kohlenstoff mit einer neuartigen Paste. Die so neu entstandenen Elektroden wurden schließlich in Brennstoffzellen-Stapeln (Stacks) umfangreichen Tests unterzogen. Eindeutiges Ergebnis: Das Produktwasser kann nicht mehr in die Membran eindringen und die Phosphorsäure verdünnen. Damit ist die HT-Technologie für den nächsten Forschungsschritt einsatzfähig. Der Blick in die Zukunft könnte dabei so aussehen:
Es entstehen immer leistungsstärkere Hochtemperatur-Brennstoffzellensysteme, die Schritt für Schritt perfektioniert werden und vorrausichtlich im Jahr 2010 die ersten Forschungsfahrzeuge antreiben. Um 2020 könnte es den ersten Volkswagen mit einem – und das ist entscheidend – alltagstauglichen und bezahlbaren Brennstoffzellen-Antrieb geben.
Generelle Funktion von BrennstoffzellenDas zentrale Element jeder einzelnen Brennstoffzelle – von der mehrere zu einem Block (Stapel/Stack) zusammengefasst werden – ist eine protonenleitende Membran. Sie befindet sich jeweils zwischen der Anode und Kathode. Auf der Seite der Anode strömt Wasserstoff, auf der Seite der Kathode Luft in die Zelle. Viele dieser Zellen im Verbund erzeugen ausreichend Energie, um ein Fahrzeug anzutreiben. In jeder Zelle reagieren Wasserstoff und Sauerstoff und verbinden sich auf der Seite der Kathode zu Wasser. Die Brennstoffzelle setzt demnach die chemische Energie eines Oxidationsprozesses, einer sogenannten „kalten" Verbrennung, direkt in elektrische Energie um. Als „Abgas" entsteht nichts anderes als sauberer Wasserdampf.
Gespeist wird die Brennstoffzelle über den Wasserstofftank und eine externe Luftzufuhr. Ihre erzeugte elektrische Energie – die Leistung – gibt die Brennstoffzelle über einen Wandler und einen nachgeschalteten Bordnetzumrichter an einen oder auch mehrere Elektromotoren ab. Der Wagen wird somit nahezu lautlos, auf jeden Fall aber emissionslos angetrieben.
Chronologie der Volkswagen Brennstoffzellen-ForschungVolkswagen ist seit einem Jahrzehnt im Bereich der Brennstoffzellen-Forschung aktiv. Dabei wurde auch das Potential der Niedrigtemperatur-Brennstoffzelle ausgiebig erforscht. Zu den Meilensteinen zählen in diesem Zusammenhang das sogenannte Capri-Projekt (1996 bis 2000 / Hybrid-Antrieb im Golf Variant mit 20-kW-Brennstoffzelle), der Bora HyMotion (2000 / Brennstoffzellen-Hybridfahrzeug mit 30 kW Brennstoffzellen-Dauerleistung), der PSI-Bora in Kooperation mit dem Paul Scherer Institut (2001 / Fahrtests über den 2.005 Meter hohen Simplon-Pass mit 40-kW-Brennstoffzelle) und der Touran HyMotion (seit 2004 / Integration einer Brennstoffzelle mit 65 kW Dauerleistung ohne Einschränkungen des Raumangebots / u.a. Einsätze in Kalifornien und China). Die Forschungsergebnisse zum Thema Niedrigtemperatur-Brennstoffzelle waren letztendlich dafür ausschlaggebend, konzentrierte Energie in die Entwicklung der alltagstauglicheren, kompakteren und günstigeren Hochtemperatur-Brennstoffzellen-Systeme zu investieren.